BAG-Urteil vom 23.4.2024 – 5 AZR 212/23

BAG: Duschen kann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen.

Neben Wege- und Umkleidezeiten können auch Körperreinigungszeiten vergütungspflichtig sein.

27. Mai 2025

In einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Monat April 2024 traf das BAG erstmals eine höchstrichterliche Entscheidung zur Vergütungspflicht von Körperreinigungszeiten. Zum Sachverhalt: bei dem Kläger handelte es sich um einen als Containerreiniger beschäftigten Arbeitnehmer, der erstinstanzlich von seinem Arbeitgeber Vergütung für arbeitstäglich 55 Minuten verlangte, die er für das An- und Ablegen seiner Arbeitskleidung, das Duschen nach der Arbeit, sowie die Wege zwischen Umkleide und seinem Arbeitsplatz aufbringen würde. Während sich das BAG bezüglich der Wege- und Umkleidezeiten überwiegend auf bestehende Rechtsprechung bezog, stellte es für Körperreinigungszeiten eigene Maßstäbe dar. So seien Körperreinigungszeiten als Arbeitszeit anzusehen wenn sie mit der eigentlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängen und deshalb ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dienen. Ein unmittelbarer Zusammenhang soll vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Reinigung ausdrücklich anordnet oder wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Vorschriften sie verlangen. Zum Beispiel bei der Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen.

Vergütungspflicht auch bei Unzumutbarkeit des Heimwegs im ungereinigten Zustand

Außerdem gehört die Körperreinigung zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit so sehr verschmutzt hat, dass ihm ohne vorherige Reinigung das Anlegen seiner Privatkleidung, das Verlassen des Betriebes und der Heimweg nicht zugemutet werden kann. Zur Bewertung der Zumutbarkeit ist nach Tätigkeit, getragener Arbeitskleidung und Grad der Verschmutzung zu differenzieren. Das BAG differenziert zwischen der „normalen“ und der Ganzkörperreinigung (dem Duschen). Die Ganzkörperreinigung sei nur dann Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn ohne sie die Tätigkeit bei wertender Betrachtung nicht möglich erscheint. Ferner betont das Gericht, dass die Körperreinigung, die dazu dient, übliche Verunreinigungen, wie Schweiß oder Ähnliches zu beseitigen, der Befriedigung privater Bedürfnisse diene und daher nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehöre.

Als Abgrenzungshilfe können öffentlich-rechtliche und arbeitsschutzrechtliche Vorschriften genutzt werden. Beispielhaft nennt das BAG die Technischen Regeln für Arbeitsstätten Sanitärräume ASR A4.1, die unter anderem festlegen, wann eine Arbeitsstätte Waschräume erfordert. Dennoch betonte das Gericht, das es aufgrund der vielzähligen Arbeitsbedingungen stets einer Einzelfallprüfung bedarf. Maßstab sei dabei die objektivierte Sicht eines verständigen Arbeitnehmers.

 

Wie geht es weiter?

Das LAG-Nürnberg hatte in der Berufungsinstanz zur Entscheidung über die Anspruchshöhe eine Schätzung der Umkleide- und Körperreinigungszeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 ZPO durchgeführt. Da es dabei nach dem BAG zum Teil sachfremde Erwägungen und nicht bewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat, hob  BAG das Berufungsurteil auf. Die Sache wird nun, unter anderem zur Wiederholung der Schätzung, zurück an das LAG verwiesen. Eine Entscheidung des LAG Nürnbergs gibt es bis dato nicht.